Gesundheitswesen 2015; 77(06): 426-431
DOI: 10.1055/s-0034-1372620
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Über- und Unterschätzung von Erfolgsquoten

Over- and Underestimation of Success Rates
J. Höder
1   Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck
,
N. Eisemann
2   Institut für Krebsepidemiologie, Universität zu Lübeck
,
A. Hüppe
1   Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck
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Publication Date:
07 July 2014 (online)

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Zusammenfassung

Bei Interventionsstudien werden häufig Fragebögen zur Erfassung von patient reported outcomes eingesetzt. Bei indirekter Veränderungsmessung kann man die Probanden in „Erfolgreiche“ und „Erfolglose“ einteilen, indem man eine kritische Schwelle der Messwertdifferenzen (minimal important difference, MID) definiert. Wegen der unvermeidlichen Messfehler kommt es zu Fehlklassifikationen. Falsch Positive und falsch Negative gleichen sich dabei in der Regel nicht aus: Liegt die MID über der durchschnittlichen Differenz, werden die Erfolge überschätzt. Liegt die MID unter der durchschnittlichen Differenz, werden die Erfolge unterschätzt. Der Fehler kann erheblich sein. Unter den Annahmen der klassischen Testtheorien lässt sich der Anteil der wahren Erfolge berechnen. Es wird ein neues, einfaches Rechenverfahren vorgestellt, das messfehlerbereinigte Erfolgsquotenschätzungen vornehmen kann. Anhand von echten Daten werden die Konsequenzen des Verfahrens demonstriert. Es wird empfohlen, diese wahren Erfolge anzugeben. Dies gilt auch für Vergleiche mit Kontrollbedingungen.

Abstract

The patient reported outcome in interventional studies is often measured with questionnaires at baseline and after the intervention. A person whose difference in outcome exceeds a critical threshold (the minimal important difference, MID) is classified as a responder, otherwise as a non-responder. The generally low reliability of differences causes misclassifications. False posi­tives and false negatives usually do not cancel out: an MID above the average difference results in an overestimated proportion of responders, while an MID below the average difference results in an underestimated proportion of responders. Such misclassifications can be substantial. We introduce a new and simple method for estimating the true proportion of responders which is based on the assumptions of classical test theory. The consequences of the method are demonstrated with empirical data. It is recommended to report the estimates of true responders. This applies to settings with one study group as well as to settings with an additional control group.